Kaprun: War Tod von 155 Menschen Kismet?
Datum: 18.04.2007 14:00:29
Thema: Brandschutz, Sicherheit, Beinaheunfälle


Wien (OTS) - Staatsanwältin Dr. Eva Danninger-Soriat und Dr. Bernd R. Beier referierten über die Jahrhundertkatastrophe in Kaprun auf Grazer Brandschutz-Tagung. Nach den Referaten zogen viele der rund 270 Brandschutzexperten ihren eigenen Schluss: Die heimische Rechtslage mache einer Bananenrepublik alle Ehre!

"Heiße Eisen" wurden beim 8. Aprilsymposium 2007 des Brandschutzforums Austria, am 13. April im Hotel Novapark, in Graz, angepackt.

Besonders brisant waren die Ausführungen von Staatsanwältin Dr. Eva Danninger-Soriat aus Salzburg, die im Kaprun-Prozess die Staatsanwaltschaft vertreten hatte und erstmals vor breiter Öffentlichkeit das katastrophale Bergbahnunglück in Kaprun in allen Details beleuchtete.

Die Staatsanwältin legte zunächst auf pragmatische Weise eine umfassende Bestandsaufnahme der Ereignisse vor, um am Ende ihres Vortrags gesetzliche Schwachstellen des österreichischen Rechtssystems aufzuzeigen: Sie wünsche sich künftig ein auf Katastrophenfälle zugeschnittenes Ermittlungs- und Gerichtsverfahren. Weiters sollten Katastrophenereignisse solchen Ausmaßes in die Zuständigkeit eines Schöffengerichtes fallen. Zusätzlich müssten - ähnlich wie bei Jugendgerichtsverfahren, wo Pädagogen als Laienrichter bei gezogen werden - technisch versierte Sachverständige bei derartigen Katastrophen in das Verfahren integriert werden. Es sei bedauerlich, dass aus der Katastrophe bisher noch keine Konsequenzen gezogen worden seien.

Noch deutlicher wurde Dr. Bernd R. Beier, Jurist und Professor an den Fachhochschulen München und Kempten in Deutschland, der die Frage stellte, "kann ein solches katastrophales Ereignis locker als Kismet, wie dies die Politik und zahlreiche Medien festgestellt hatten, abgetan werden?", um anschließend festzustellen: "Es wurde in gröbst fahrlässiger Weise unterlassen, im Rahmen einer vorab durchzuführenden Risikobewertung Konsequenzen aus solchen Ereignissen zu bedenken und die Planung von -Gewähleistung mit einzubeziehen"!

Betrachte man im Detail die Ausführungen des Gerichtes, so vermisse er bei vielen Passagen das Einbeziehen des normalen "Sach- und Hausverstandes".

Beispiel "Fahrzeug": Die Aussage, dass das Fahrbetriebsmittel einer Standseilbahn kein (!!) Fahrzeug sei, bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

Beispiel "Gefährdung Brand": Die Aussage des Gerichts, dass das Gefährdungsbild eines Brandes in einem Fahrbetriebsmittel auch international nicht bekannt gewesen sei, wäre seiner Meinung nach absolut falsch.

Beispiel "Heizlüfter": Völlig absurd sei die Argumentation des Gerichts, wenn das ausdrücklich ausgesprochene Verbot in der Gebrauchsanleitung, "darf nicht in Fahrzeuge eingebaut und dort betrieben werden", als "sicherheitstechnisch nicht relevant" eingestuft werde.

Die im Vortrag von Dr. Bernd R. Beier getätigten Ausführungen beruhen auf intensiven Diskussionen und Erläuterungen mit Prof. Vincent M. Brannigan, Law-Rofessor für Rechtsfragen des Brandschutzes im Departement of Fire Protection Engineering der University of Maryland, USA, der ebenfalls auf der Tagung anwesend war.

Von einem "Dominoeffekt" sprach abschließend im Zusammenhang mit der Kaprun-Katastrophe der Präsident des Brandschutzforums Austria, OSR Univ.-Lektor Dr. Otto Widetschek. Dabei seien vor allem von den Sachverständigen plausibel kausale Zusammenhänge auf Haar sträubende Weise ausgeklammert worden.

Rund 270 Brandschutz- und Sicherheitsexperten aus Österreich, Deutschland, Italien und Slowenien nahmen an der Tagung teil. Neben Dr. Eva Danninger-Soriat, Dr. Bernd R. Beier und Prof. Vincent M. Brannigan trugen weitere hochkarätige, international angesehene Referenten beim Brandschutzsymposium in Graz vor.

Rückfragehinweis:
Brandschutzforum Austria
Dr. Otto Widetschek
A-8051 Graz, Fischeraustrasse 22
Tel.: 0664/21 22 000

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