Großübung: Busunglück mit 31 Verletzten (x)
Datum: 15.04.2008 06:14:16
Thema: Übungsberichte und Ausbildung


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Die Feuerwehren Gänserndorf, Markgrafneusiedl und Obersiebenbrunn probten gemeinsam mit dem Roten Kreuz Gänserndorf den katastrophalen Ernstfall.

Schlachtfeld Straße - lautes Stöhnen, blutverschmierte Gesichter, Glassplitter, Verletzte irren umher – so lassen sich die Szenen der Großübung vom vergangenen Samstag beschreiben.

Das Szenario:
Nach einem Zusammenstoß mit einem PKW kommt ein mit 29 Personen besetzter Reisebus von der Fahrbahn ab, kippt um und begräbt den PKW unter sich. Ein nachkommender PKW Lenker kann nicht mehr rechtzeitig ausweichen, kommt von der Fahrbahn ab und überschlägt sich. Auch ein mit Salzsäure beladener Klein-LKW ist im Unfall verwickelt. Aufgrund einer Notbremsung verrutschen die mit Salzsäure beladenen Fässer und schlagen Leck.

Bei der Übung wurde den Rettungskräften einiges abverlangt. Feuerwehr und Rotes Kreuz probten die Alarmpläne für den Großschadensfall.


Hier finden Sie einen Einsatzdetailbericht

Der Alarm:
Um 13:21 Uhr geht in der Alarmzentrale Gänserndorf der Notruf eines Ersthelfers ein: "Busunglück mit Beteiligung eines Schadstofftransporters“ – so lautete die Erste Information.

Aufgrund dieser Erstmeldung wurde vom Diensthabenden der technische Zug der Stadtfeuerwehr, sowie die Nachbarfeuerwehren Markgrafneusiedl und Obersiebenbrunn alarmiert. Auch die Leitstelle „144 Notruf NÖ“ des Roten Kreuzes wurde mitalarmiert.


Die Reihung der Prioritäten:
Um 13:24 Uhr trifft das Kommandofahrzeug mit Einsatzleiter OBI Christian Koller bei der Unfallstelle ein.

Erstmaßnahmen und Befehle des Einsatzleiters Feuerwehr – EL-FW:
• Absichern der Einsatzstelle.
• gemeinsames Erkunden mit dem Einsatzleiter Rettungsdienst EL-RD und leitenden Notarzt LNA.
• Befehl an das nachkommende Vorausfahrzeug – großräumiges Absichern und Einrichtung einer örtlichen Umleitung um die An- und Abfahrt weiterer Kräfte ungehindert zu ermöglichen.

Nach Abschluss umfassender Erkundungsmaßnahmen wurden sofort drei Einsatzabschnitte gebildet und den nachkommenden Feuerwehren Obersiebenbrunn und Markgfraneusiedl zugewiesen. Der technische Zug Gänserndorf übernahm die weitere Erkundung des Schadensbereiches-Schadstoff unter schwerem Atemschutz.
Nach Abdichten der leckgeschlagenen Fässer konnte der Gefahrenbereich-Schadstoff freigegeben werden.

Bei dem PKW Lenker, der unter dem Bus eingeklemmt war, konnte nur noch der Tod festgestellt werden.


Herausforderung Busunglück:
Unter Einsatz eines Glasschneiders gelang es die Heckscheibe des Busses zu öffnen und somit eine große Rettungsöffnung zu schaffen. Parallel dazu wurde auch ein Zugangsweg über ein Seitenfenster im fordern Bereich des Busses geschaffen. So konnten die Einsatzkräfte von beiden Seiten mit der Menschenrettung beginnen. Es begann nun für die Einsatzkräfte im Bus ein enorm psychisch belastender Einsatz. 29 wimmernde, zum Teil übereinander liegende Verletzte forderten die Rettungstrupps. Eine besondere Herausforderung war auch das Arbeiten mit hydraulischen Rettungsgeräten auf engstem Raum. Um 14:35 Uhr, knapp eine Stunde nach Alarm, konnte die letzte eingeklemmte Person mit einer Pfählungsverletzung im Bauch aus dem Bus befreit werden.



Rot Kreuz Großaufgebot:
Auch seitens der medizinischen Versorgung stand ein Großaufgebot an Einsatzkräften bereit. Vier Notärzte und 32 Sanitäter behandelten die 31 Verletzten. Nach einer ersten Sichtung durch den „Leiter Bergetriage“ und dem „Notarzt Bergetriage“ erhielt jeder Patient eine Patientenleittasche – PLS, wo Verletzungsgrad, Verletzungsart und die Behandlung eingetragen wurden. Diese Karte begleitet den Patienten dann auch im Ernstfall bis ins Krankenhaus, um eine lückenlose Dokumentation bei einem Massenanfall von Verletzten bestmöglichst zu gewährleisten. Auch drei Fahrzeuge des Katastrophenzuges, unter anderem eine mobile Leitstelle, waren vor Ort eingesetzt.

Übungsziele:
• Die monatelang im Rahmen der technischen Grundausbildung trainierten Handgriffe in einem möglichst einsatznahen Umfeld zur Anwendung zu bringen.
• Perfektionierung der Zusammenarbeit mit anderen Feuerwehreinheiten und dem Rettungsdienst. Befehlsgebung / Informationsfluss / Regelkreis der Einsatzleitung
• Möglichst rasche und Patientenschonende Rettung der Unfallopfer unter Anwendung der im Feuerwehr-Medizinischen-Dienst erlernten Fähigkeiten.

Die Übungsausarbeiter legten großen Wert auf ein möglichst realistisches Einsatzszenario. So wurden die PKWS und der Autobus mittels eines großen Schaufelbaggers „unfallgerecht“ aufbereitet. Klemmende Türen und ein gestauchtes Dach boten einsatzrealistische Bedingungen. Die Verletzten wurden ebenfalls in mühevoller Arbeit vom Team „realistische Unfalldarstellung“ des Roten Kreuzes fachgerecht vorbereitet. Sie nahmen ihre Rolle sehr ernst und trugen einen wesentlichen Anteil zur realistischen Darstellung des Großeinsatzes bei.


Die Erkenntnisse:
Bei der anschließenden Übungsbesprechung in der Feuerwehrzentrale Gänserndorf setzte man sich mit der Einsatzleitung und den Gruppenkommandanten, den Übungsbeobachtern und Ausarbeitern, sowie mit den Führungskräften des Roten Kreuzes an einen runden Tisch. Hier wurde der Einsatz nochmals im Detail aufgerollt und Erkenntnisse festgehalten.

Neben den praktischen Erfahrungen bei einem Busunglück und die damit verbundenen Schwierigkeiten, zeigte sich die Wichtigkeit einer fundierten Ausbildung im Bereich des Feuerwehr-Medizinischen-Dienstes FMD. So ist bei einem Realunfall mit vielen Verletzten damit zu rechnen, dass auch die Feuerwehr in der Anfangsphase in die Erstversorgung der Unfallopfer eingebunden wird.

Das „A und O“ bei einem Einsatz dieser Größenordnung ist aber auf jeden Fall die richtige Aufstellung der Einsatzfahrzeuge. Alle im Schadensraum nicht direkt benötigten Fahrzeuge müssen in einem Bereitstellungsraum innerhalb des inneren Absperrrings abgestellt werden, daher ist auf eine entsprechende großräumige Absperrung zu achten.

Besonders positiv hat sich die frühe Abschnittsbildung in die Bereiche „Schadstoff, Sicherung des Busses, Menschenrettung und Sicherung des Pkws sowie Menschenrettung“ herausgestellt. Wichtig wäre hier eine Kennzeichnung der Abschnittsleiter, um sie bei so vielen Einsatzkräften schnell erkennen zu können.

Die Einsatzleitung muss frühzeitig genaue Kommunikationswege definieren und die Schnittstellen zwischen den Organisationen Rettungsdienst und Polizei festlegen. Anzustreben wäre hier eine große gemeinsame Einsatzleitung in einem dementsprechend modern ausgestatteten Einsatzleitfahrzeug bzw. Einsatzleitcontainer.


Eingesetzte Kräfte:
Technischer Zug Gänserndorf – 7 Fahrzeuge, 28 Mann
Feuerwehr Markgrafneusiedl – 2 Fahrzeuge, 14 Mann
Feuerwehr Obersiebenbrunn – 1 Fahrzeug, 11 Mann

Rotes Kreuz Gänserndorf
8 Fahrzeuge, 4 Notärzte, 32 Sanitäter


Übungsausarbeiter:
BM Thomas Gustavik
LM Christoph Brandhuber

Text: LM Mario Krammel
Bildquelle: Roman Schlosser, Gerhard Hotzy, Marco Kren, Josef Engel, FF Markgrafneusiedl


www.feuerwehr-gaenserndorf.at





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